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]]>Dankbar möchte man in diesen Tagen auf bereits bestehende Online-Angebote zurückgreifen, doch auch diese haben ihre Tücken. Ich greife exemplarisch lediglich zwei meiner Einschätzung nach in der Gesamtsicht besonders gelungene Angebote heraus, um zugleich die Grenzen und Beschränkungen ihres Einsatzes zu markieren: Die von Mathias Kluge in Augsburg realisierte Seite Mittelalterliche Geschichte – Eine Digitale Einführung in das Studium besticht durch ihre klaren und übersichtlichen Texte, Benutzer*innen werden im sogenannten Seminarraum anhand klug gewählter Beispiele Schritt für Schritt durch das Programm geführt. Leider sind mittlerweile einige Links des bereits 2009 eingerichteten Kurses beschädigt, manches Werkzeug (z.B. ‚der Wattenbach‘) zählt heute kaum mehr zum allgemeinen Standard. Zudem werden Vorkenntnisse des Mittellateinischen und der Paläographie vorausgesetzt, die heute in kaum einem grundständigen Studiengang mehr eingefordert werden dürfen (o tempora, o mores!). Nicht enttäuschungsfrei dürfte sich für die nicht ganz geringe Zahl der ‚minder-mittelalteraffinen‘ Studierenden der Einstieg über die großartige Züricher Plattform Ad fontes gestalten: Allzu schwer fällt Noviz*innen das Lesen selbst der als leicht gekennzeichneten Schriften, verwirrend wirken die Transkriptionsregeln selbst für Archiverfahrene.[4] Eine in Kleingruppen stattfindende, angeleitete Anwendung im akademischen Unterricht – die ich im Übrigen sehr empfehlen möchte – wäre hier deutlich vom reinen Selbststudium am eigenen Bildschirm zu scheiden. Dies ist dem Betreiberkonsortium denn auch vollauf bewusst. Auf die ‚häufig gestellte Frage‘ „Soll Ad fontes den Präsenzunterricht ersetzen?“, lautet ihre unmissverständliche Antwort: „Nein! Ad fontes ist als Ergänzung zu den herkömmlichen Lernmedien gedacht. Es ersetzt weder die Lektüre wissenschaftlicher Literatur noch die Diskussion in den Seminarien.“[5] Damit ist eine deutliche Grenzmarkierung zwischen Online-Materialien und Präsenzlehre gesetzt, die sich cum grano salis auch auf andere Web-Angebote übertragen lässt. Gerade dort, wo in erster Linie Text und wenig Interaktion geboten wird, erscheint der didaktische Mehrwert für ein Selbststudium im Vergleich mit der klassischen Seminarlektüre eines fachlich gut fundierten Handbuchkapitels ohnehin fraglich.
Wer Lehre digital anbieten möchte, beginnt sicherlich nicht bei Null. Er begibt sich aber auf einen Parkour mit unzähligen Hindernissen und Hürden, die zum Teil nur unter erheblichem Zeit- und Kraftaufwand zu überwinden sind. Lehrgeld wird bekanntlich vor allem dann fällig, wenn man auf sich gestellt und ohne ausreichende Vorerfahrung zu Werke geht. Digitalisierung – und damit bin ich am entscheidenden Punkt dieses Blogposts angelangt – sollte aber auch bedeuten, räumliche Distanzen zu überwinden und neue Wege des Wissensaustausches und des kollaborativen Arbeitens zu eröffnen. Statt sich also in bewährter Manier geisteswissenschaftlichen Schaffens jeweils in einsamer Selbstgenügsamkeit an die Startlinie respektive den Schreibtisch zu begeben, sollte die digitale Umstellung akademischer Lehre als Gemeinschaftsprojekt begriffen und bewältigt werden. Hilfreich sind dabei gerade auch kleine, noch nicht auf umfassende fachdidaktische Expertise gestützte Hinweise und Ratschläge. Bei der Erkundung von Neuland lohnt es oftmals bereits, sich – in Abwandlung der berühmten Sentenz des Bernhard von Chartres[6] – als Zwerg auf die Schultern anderer Zwerge stellen zu können – jedenfalls so lange, bis man einen geeigneten Riesen gefunden hat. Meiner persönlichen Erfahrung nach bedeutet in der digitalen Lehre ohnehin oft ein didaktisch dosiertes ‚Weniger‘ ein fruchtbringendes ‚Mehr‘ an Nutzbarkeit für Lernende und Lehrende gleichermaßen.
[Quelle/Text: Digitale Lehre in der Mediävistik | Bild(er): Pixabay]Der Beitrag Digitale Lehre in der Mediävistik erschien zuerst auf Liftmeister | SoNa Gesundheits-Boutique & Sanitätshaus OHG.
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